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Beatsteaks heizen Halberstädter Jugendclub ein

Foto Credit: Timmy Hargesheimer

Graffitis an den Wänden, ein Mosaik aus glitzernden Glasscherben und Steinen, zerschlissene Aufkleber von Punk-Bands an der Tür: Die Zora in Halberstadt ist seit mehr als 30 Jahren Zufluchtsort und Heimat von gestrandeten Jugendlichen und Anhängern der Punkszene. Ein Kleinod der Subkultur, das schon viele Stürme überstanden hat. An Nachmittagen unter der Woche gibt es hier normalerweise Angebote für Kinder und Jugendliche. Man kann sein Fahrrad reparieren lassen, sich in der Siebdruckwerkstatt austoben oder Kampfkunst erlernen. Heute nicht. An diesem sonnigen Dienstag im Juni herrscht aufgeregtes Treiben auf dem Zora-Hof. Die Beatsteaks aus Berlin sind zu Gast, und so richtig glauben kann das eigentlich niemand.

Auch Robert Fietzke, Leiter der Zora, kann sein Glück nicht fassen. „Als vor einigen Monaten per Mail die Anfrage kam, ob die Beatsteaks vielleicht ein Konzert bei uns spielen dürften, haben wir das im ersten Moment für einen Scherz gehalten“, erzählt er und strahlt von einem Ohr zum anderen. „Das hätten wir uns im Leben nicht träumen lassen, so ein unverhofftes Glück!“ Einige Absprachen später wurde es dann auch schon konkret, und mit der Veröffentlichung der Tour brach eine buchstäbliche Welle von Anfragen und Ticketwünschen über ihm und seinem Team zusammen. „Für uns war das echt eine Herausforderung, das alles zu managen“, sagt der 38-Jährige, der die Zora seit November leitet. „Wir haben natürlich Erfahrung mit der Organisation von Konzerten, aber eine Band in dieser Größenordnung hatten wir noch nie.“

Zora Halberstadt

Dass die Beatsteaks durch insgesamt 12 kleine Clubs, vorrangig in Ostdeutschland, ziehen, hat einen politischen Hintergrund: Die AJZ-Tour (AJZ steht für autonomes JugendZentrum) darf gern als klares Statement gegen das Erstarken rechtsradikaler Parteien und den zunehmenden Rassismus in der Gesellschaft verstanden werden. „Wir wollen das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden: Konzerte spielen, was unsere Lieblingsbeschäftigung ist, und diejenigen unterstützen, die durch die Entwicklung starken Gegenwind erfahren“, heißt es auf dem offiziellen Instagram-Account der Band. Und das zieht öffentliches Interesse an, denn an diesem Frühsommernachmitttag sind auch Jounalistenteams von ZDF, MDR und SPIEGEL vor Ort. Wie die Leute aus der Zora sind auch die meisten von ihnen selbst große Fans. Zwischen den Interviews strahlt man sich gegenseitig an, trinkt Kaffee und plaudert über alte Zora-Zeiten. „So einen schönen Ort wie den hier kennen wir gar nicht“, sagt Beatsteaks-Bassist Torsten Scholz. „Wir haben natürlich früher schon immer so eine Musik gehört, die in dieser Art Clubs gespielt wird, Hardcore, Metal, sowas eben, aber solche Locations gibt’s in der Form nicht bei uns.“

Es wird ihnen erzählt, dass genau da, wo sie gerade sitzen, schon vor 20 Jahren Jugendliche saßen und tanzten und laut Beatsteaks hörten. Egal ob Punker, Breakdancer oder Gruftis – die Beatsteaks waren der kleinste gemeinsame Nenner, auf die konnte man sich immer einigen. Auf die Frage, wie sich das anfühlt, in einer gemeinhin als cool geltenden Band zu spielen, wird kurz über die Bedeutung des Wortes „cool“ gefachsimpelt und dann geantwortet: „Wir machen das einfach aus dem Bauch raus, weil wir wirklich Bock drauf haben“. Da sind sich Torsten und Gitarrist Bernd Kurtzke einig. „Wenn wir was veröffentlichen, egal was, wurde das von uns allen durchgewinkt, musste also schon durch fünf Filter. Und dann stehen wir da auch alle hinter.“

Beatsteaks Zora Halberstadt

Seit 1995 machen die Beatsteaks gemeinsam Musik, seit 2000 in der heutigen Besetzung, es steht also ein Jubiläum an. Und mit dem neuen Album „Please“, das am 28. Juni erscheint, steht das erste Album seit „Yours“ aus dem Jahr 2017 in den Startlöchern. Der Weg dazwischen war kein leichter, wie Torsten und Bernd verraten. „Nach dem letzten Album haben wir gemerkt, dass dieser Zug, in dem wir alle sitzen, echt eine ordentliche Geschwindigkeit hat. Das wollten wir nicht mehr, weshalb wir uns zum ersten Mal so richtig für ein Jahr Pause entschieden haben.“ Anschließend, als die fünf Freunde sich musikalisch gerade wieder aufstellen wollten, machte ihnen Corona einen Strich durch die Rechnung. „Wir haben die Zeit dann genutzt, um als Band wieder zueinanderzufinden“, erzählt Torsten. „Man ist ja quasi mit fünf Leuten ständig in einer Beziehung. Und schon mit einer Person in einer Beziehung zu sein, ist ja mitunter anstrengend.“ Also haben alle fünf mit externer Unterstützung gelernt, das ein oder andere klärende Gespräch zu führen. Und sie haben sich mit der Frage auseinandergesetzt, ob sie als Band in dieser Form überhaupt weiterhin Musik machen wollen. Ergebnis (zum Glück): einstimmig ja. Und so kamen die Beatsteaks gestärkt zurück und veröffentlichten Singles als teambildende Maßnahme. Ganz frisch erschienen ist „Traumschiff“, der direkte Teaser zum neuen Album. „Und weil es im Kern wieder so richtig stimmt, haben wir Raum für solche Aktionen wie diese“, sagt Torsten und meint die AJZ-Tour. Innerhalb der Band würden sich nicht alle im linken Spektrum verorten, aber Bernd bringt‘s ganz gut auf den Punkt: „Ich muss ja nicht im klassischen Sinn links sein, um mich gegen Faschismus und für Menschenwürde einzusetzen.“

Zora Halberstadt

Und wie ist das eigentlich, in so kleinen Clubs zu spielen, wenn man große Bühnen gewohnt ist? Die beiden überlegen kurz. „Wenn es solche kleinen Locations sind, ist man natürlich nah dran. Die Leute sehen alles, jede Mimik, jede Reaktion auf jedes Verspielen“, schmunzelt Torsten. „Wir haben das aber schon immer gemacht, also wir spielen immer wieder vor wenigen und dann auch wieder vor sehr vielen Leuten.“ Und während sich vor den Toren der Zora schon eine kleine Schlange bildet, ergänzt Bernd: „Ein großes Problem ist aber manchmal die Hitze.“ Und damit sollte er Recht behalten, denn einige Stunden später, dreißig Minuten nach Konzertbeginn, tropft buchstäblich der Schweiß von der Sandsteindecke des Zora-Gewölbes. Rund 120 Menschen sind gekommen, um die Band ausgelassen zu feiern. Der Kampf um Karten war erbittert, viele Plätze wurden jahrelangen Wegbegleitern der Zora, Freunden und Ehrenamtlichen überlassen. Nur 40 Tickets waren freiverkäuflich und innerhalb von Sekunden vergriffen. Als 20 Uhr Barry Whites „Let The Music Play“ ertönt und die Band schon aus der Backstage-Tür lunzt, wackelt der Fußboden vor Vorfreude. Robert Fietzke und sein Team werfen sich erleichterte Blicke zu. Die Mühe hat sich gelohnt, die Anspannung fällt ab. Die Beatsteaks sind wirklich da!

Einhundert Minuten lang herrscht Ausnahmezustand in Halberstadts einzigem Jugendclub. Sänger Arnim Teutoburg-Weiß tanzt sich mehrfach durch die Menge und zur Bühne zurück, es wird gesungen, getanzt und gegrölt ohne Rücksicht auf Verluste. Die Setlist, die in mehrfacher Ausführung auf dem Bühnenboden klebt, wird ziemlich schnell über Bord geworfen. Die Band spielt mehr alte Lieder als geplant und kann auf Wunsch sogar mit einem Cover von „Teenage Kicks“ der Undertones punkten. Ein Highlight des Abends ist sicher der ebenso improvisierte wie unerwartete Mix aus Beatsteaks und George Michael. Als Arnim die Zeilen von „Big Attack“ auf die Melodie des Saxofon-Evergreens „Careless Whisper“ singt, freut er sich selbst fast noch mehr als das jubelnde Publikum darüber, dass das wirklich so gut zusammenpasst. Zweites Highlight: Sascha, der Security-Mann, der rechts vor der Bühne direkt vorm Lautsprecher steht und selig lächelnd auf alle aufpasst. Er reicht der Band abwechselnd Wasser oder Handtuch, hat die ersten wilden Reihen im Auge und singt textsicher jedes Lied leise für sich mit. Selten so behütet neben einem Moshpit getanzt.

Beatsteaks Zora Halberstadt

Als zum Ende hin die Gassenhauer „Let Me In“ und „I Don‘t Care As Long As You Sing“ gespielt werden, tanzen und springen und singen sich alle nochmal gemeinsam in Ekstase. „Wir sind die Beatsteaks aus Berlin“ heißt es ein allerletztes Mal, gefolgt von einem dicken Kuss ins Mikro und zack, weg sind sie. Um Luft ringend strömt die Masse nach draußen, eine einzige Mischung aus Glück und Schweiß, und findet sich im letzten Abendlicht in einzelnen Trauben auf dem Hof wieder zusammen. Ein signiertes T-Shirt wird versteigert, es wird gekickert und unzählige Male auf den wunderbaren Abend angestoßen. Mittendrin, wie aus der Zeit gefallen, die Zora-Kinder von früher. Robert Fietzke sitzt glücklich an der Bar. „Das war warm, laut und geil“, fasst er den Abend stolz zusammen. Es wird noch ein Gruppenfoto gemacht, Team mit Band und Anhang, bevor sich die fünf Berliner auf den Weg zurück in die Hauptstadt machen. Einen Tag Pause haben sie jetzt, bevor sie in den Nightliner hüpfen und zehn weitere ausverkaufte Jugendclubs bespielen.

Wer die Beatsteaks auch live erleben möchte, kann das ziemlich zeitnah zu den Release-Konzerten von „Please“ am 28. und 29. Juni in der Berliner Wuhlheide.  

Im Herbst folgt dann eine Tour mit folgenden Terminen:

26. September – München, Zenith
28. September – Bremen, Pier 2
29. September – Bielefeld, Lockschuppen
1. Oktober – Leipzig, Haus Auensee
2. Oktober – Offenbach, Stadthalle
4. Oktober – Köln, Palladium
5. Oktober – Hamburg, Inselpark Arena

Caro

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